Dr. Stefanie Wolf referierte zur Wasserrückhaltefunktion der Wälder
Das Thema schien viele Menschen in der Region zu interessieren, denn Rudolf May vom Klimastammtisch Ahr konnte am 9. Oktober über 30 Bürgerinnen und Bürger im evangelischen Gemeindehaus in Ahrbrück begrüßen. Frau Dr. Wolf vom BMBF-Forschungsprojekt KAHR erläuterte und resümierte die Ergebnisse aus verschiedenen Master- und Bachelorarbeiten zum Thema Wasserrückhaltfunktionen des Waldes.
Als eine wichtige Erkenntnis konnten die Zuhörenden die Bedeutung des Auenwaldes mit nach Hause nehmen, der sich an vielen Stellen an der oberen Ahr wieder neu entwickelt. In einer Masterarbeit wurden die Auswirkungen eines intakten Auenwaldes zwischen Fuchshofen und Schuld auf einer Strecke von 2,5 km an der oberen Ahr untersucht. Die dazu entwickelten Strömungsmodelle zeigen, dass bereits auf dieser kurzen Strecke durch die Bremswirkung des Bewuchses eine von Starkregen erzeugte Flutwelle um 60-70 Minuten verzögert wird. Betrachtet man die gesamte Strecke zwischen Blankenheim und Altenahr samt der zufließenden Nebenbäche ist dies ein enormes Rückhaltepotential, das sich in den Tallagen zwischen Blankenheim und Altenahr entwickeln kann.

Auch das Rückhaltepotential der Forstwälder der Ahrregion wurde beispielhaft experimentell untersucht. Im Rahmen von Bachelor-Arbeiten wurden in einem Fichten- und einem Douglasienbestand gemessen, welche Wassermengen in verschiedenen Abständen vom Stamm bis zum Rand der vom Baum überdachten Fläche am Boden ankommen. An den dargestellten Grafiken war deutlich abzulesen, wie viel der gesamten Regenmenge schon allein durch die Bäume zurückgehalten wird und nicht unmittelbar abfließt. Als Erkenntnisgewinn konnte Frau Dr. Wolf darstellen, dass Wald und Waldboden an sich bereits ein großes Potential für Wasserrückhalt bieten, da doch über 50 Prozent der Flächen im hydrologischen Einzugsgebiet der Ahr von Wald bedeckt sind.
Im Anschluß an den Vortrag von Frau Dr. Wolf wurde diskutiert, dass sich dieses Potential jedoch nur in vollem Umfang auswirken kann, wenn Wald und Waldboden gesund und intakt sind, was leider an vielen Stellen im Ahrgebirge nicht mehr der Fall ist. So ist es insbesondere der in vielen Revieren zu hohe Bestand an Schalenwild, der eine natürliche Verjüngung des Waldes verhindert und zu Erosion und Abschwemmung des humosen Oberbodens führt. Eindeutige Bilder und Filme aus der Region machten dies überdeutlich und ließen die Teilnehmer des Abends ratlos, teils schockiert, zurück.

Neben dem Wildbestand setzt unseren Wäldern ganz besonders die Klimaerwärmung zu. Davon sind in besonderem Maße die Fichten betroffen, die als Flachwurzler, von Dürre und Trockenheit geschwächt, in großen Beständen dem Borkenkäfer zum Opfer fallen. Wo der Waldboden aufgerissen und nackt daliegt, die Krautschicht und aufkommende Naturverjüngung vom Wild abgefressen und zertrampelt wird, führt dann die zunehmende Zahl von Starkregenereignissen zu massiven Abschwemmungen der für den Wasserrückhalt wertvollen Humusschicht.

Für alle Bürgerinnen und Bürger im Ahrtal ist der Wald ein bedeutsamer Faktor und neben den geplanten technischen Maßnahmen ein unverzichtbarer Baustein für den Wasserrückhalt bei Starkregenereignissen. Es sollten größtmögliche Anstrengungen unternommen werden, damit der Wald nicht noch weiter in Bedrängnis gerät und sein Potential des Wasserrückhaltes für die Allgemeinheit gesichert wird.
Bereits Anfang 2023 wurde bei einem Workshop der Hochwasserpartnerschaft „Ahr“ festgestellt, „dass neben den klassischen waldbaulichen Aufgaben eine bedarfsgerechte Priorisierung von Maßnahmen zum Rückhalt des Wassers im Wald für die zukünftige Entwicklung essentiell sei. Gemeinden und Kommunen als Eigentümer großer forstlicher Flächen könnten hier viel bewirken. Im Rahmen der Hochwasservorsorgekonzepte müssten Maßnahmen berücksichtig und kombiniert werden, die eine Verlagerung von Hochwasservorsorgemaßnahmen aus den Orten in den Wald in den Fokus nehmen. Fördermittel stünden für Flächen in öffentlicher Hand bereit. Von entscheidender Bedeutung für das Gelingen sei aber eine verstärkte Kooperation zwischen Kommunen, Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern, Unterhaltungspflichtigen und Anliegern.„1
Um der eigenen Hilflosigkeit etwas entgegen zu setzen möchte der Klimastammtisch Ahr Anfang November einen Waldbegang zum Thema Klimafolgen und Wildbestand initiieren, um sich über die Situation vor Ort ein Bild zu machen und diese zu dokumentieren. Der Termin wird in der Presse und auf der Webseite https://klimastammtisch-ahr.de bekanntgegeben.
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